Alisa schafft Vertrauen
Claudia Ohlmeyer holt einen weichen Würfel aus dem Regal. An jeder Seite klebt eine Folie, in die sie Bilder hineinschieben kann. Auf den Bildern sind Aktionen abgebildet: durch einen Reifen klettern, Hoola Hoop und andere Bewegungen. Die Leiterin der Krippe Charly’s Kinderparadies Bad Iburg legt den Würfel auf den Boden.
Alisa freut sich schon. Sie weiß, was es gleich zu tun gibt. „Würfel“, sagt Claudia Ohlmeyer, und die Chebo-Hündin schiebt ihn mit den Vorderpfoten vor sich her, sodass das Spielgerät vor ihr mit Schwung in die Hundebox rutscht. Alisa macht den Weg frei, damit die Krippenleiterin den Würfel herausnehmen kann. „Die Bewegung, die oben auf dem Würfel abgebildet ist, würden die Kinder jetzt nachmachen“, erklärt sie.
Das ist nur ein Beispiel, wie Alisa im Kita-Alltag mitwirken kann. Claudia Ohlmeyer und ihre Hündin haben nämlich die Ausbildung zur „Fachkraft in tiergestützter sozialer Arbeit“ bestanden. Alisa durfte vor dieser Ausbildung maximal 30 Minuten am Tag in der Krippe „arbeiten“. Jetzt, wo sie 2 Jahre alt ist und nach der bestandenen Prüfung, könnte sie zweimal pro Tag für jeweils 30 Minuten in die Gruppe. Dazwischen müssen aber circa drei bis vier Stunden Pause liegen. „Sie freut sich unheimlich wenn sie Kinder sieht“, sagt Claudia Ohlmeyer. Alisa trägt dann ein Halstuch mit der Aufschrift ,Im Einsatz‘. „Dann weiß sie, dass sie sich jetzt benehmen muss und keinen Unfug machen darf“, sagt Claudia Ohlmeyer schmunzelnd. Generell sei Alisa aber geduldig, verschmust und habe eine hohe Frustrationstoleranz.
Dass Alisa eine besondere Wirkung auf Kinder hat, erklärt Claudia Ohlmeyer anhand von zwei Beispielen. Viele Kinder, die eigentlich laut und unruhig sind, verhalten sich auf Anhieb merklich ruhiger und achtsamer. So komme mehr Ruhe und Struktur in die ganze Gruppe. Einem anderen Kind habe Alisa geholfen sich zu öffnen. Das Kind habe sich erst nicht für Alisa interessiert. Aber die Hündin im Außenbereich immer wieder durch einen Spieltunnel sauste, kletterte das Kind irgendwann hinterher. Nach einiger Zeit krabbelte ein Erzieher mit diesem Kind durch den Tunnel. So gewann er das Vertrauen des Kindes. Auch die Eltern seien von Alisas Arbeit sehr begeistert und freuen sich, dass ein Hund in der Krippe ist.
Claudia Ohlmeyer hat im Rahmen ihrer Prüfung eine Reflektion über ein Praktikum, über Alisas Entwicklung und über ihre eigene Entwicklung schreiben müssen. Die Hündin selber hat die Prüfung ebenfalls gut gemeistert. Sie musste einen Würfel drehen, einen Buzzer drücken sowie über eine wackelnde und über eine feste Brücke gehen. Beim Kontaktliegen musste sie sich hinlegen und dulden, dass sich jemand über sie drüberlegt.
Claudia Ohlmeyer durfte die Aufgaben für Alisa selber aussuchen. Außerdem musste sie Videosequenzen aufnehmen, wie sie mit Alisa in der Kita arbeitet. Die Prüferin muss durch die Videos erkennen können, dass die Hündin den Umgang mit den Kindern beherrscht. In den Sequenzen waren unter anderem Szenen zu sehen, wie Alisa mit einem Kind in der Netzschaukel sitzt, wie Kinder um sie herumwuseln und sie dabei die Ruhe behält. Trainiert wird ohne Leckerlies, denn Alisa soll die Tricks aus innerer Motivation und eigenem Antrieb tun.
Aber wie lernt Alisa überhaupt Tricks wie zum Beispiel das Drehen eines Würfels? „Als sie noch jung war, habe ich ihr jede Beachtung und Berührung des Würfels positiv bestätigt. So hat sie schnell gelernt, dass ,Würfel‘ bedeutet, den Würfel zu bewegen. Es ist egal, ob sie das mit der Nase oder den Pfoten macht“, erklärt die Leiterin der Krippe. Aber auch den Buzzer zu drücken ist ein Trick, den Claudia Ohlmeyer zum Beispiel bei der Sprachförderung anwenden kann. Wenn die Chebo-Hündin auf den Buzzer drückt ertönt ein Wort oder Tierlaut, das das Kind dann nachspricht. „Die Tricks sind nicht wichtig, das lockert nur alles auf. Das Wichtigste ist ihre Anwesenheit, allein damit hilft sie schon oft den Kindern“, sagt sie.
Und bald auch den Mädchen und Jungen im neuen Natur- und Erlebniskindergarten Charly’s Kinderparadies Offenes Holz. Zwar ist die Gruppe in der ehemaligen Bad Iburger Jugendherberge untergebracht. „Aber wir freuen uns, dass wir Kinder nun bis zur Einschulung begleiten können.“ Claudia Ohlmeyer und Alisa werden künftig den Kindergarten an bestimmten Tagen zu festen Uhrzeiten besuchen.
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